Fachpersonal-Mangel:
Personalsituation bereitet Unternehmen zunehmend Sorgen

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Klimawandel und Fachkräftemangel gehören zu den großen Herausforderungen unseres Jahrhunderts. Letzterer ist teilweise ein hausgemachtes Problem: Denn die Arbeitsbedingungen in der Eventbranche, der Hotellerie und im Tourismus gehören mit größtenteils niedrigen Löhnen und Arbeitszeiten im Schichtdienst sowie an den Wochenenden nicht zu den attraktivsten. Sie widersprechen vor allem den Ansprüchen der Jüngeren, die sehr viel mehr Wert auf Work-Life-Balance legen. Weitere Aspekte wie der demografische Wandel, Überforderung, geänderte persönliche Einstellungen sowie fehlende Anreize oder Perspektiven zur Weiterbildung sorgen zudem dafür, dass viele Unternehmen keine qualifizierten Beschäftigten finden, um ihren Personalmangel zu kompensieren. Und nicht überall sind die von Mitarbeitenden gewünschten alternativen Arbeitskonzepte wie Hybrid-Work, die 4-Tage-Woche, der 6-Stunden-Tag, Freelancing, digitales Nomadentum, Coworking und natürlich das Home Office umsetzbar. So verlagert sich, was vor kurzem noch Personalmangel war, mancherorts bereits hin zur Personalnot und wird damit existenzbedrohend.
Ein neuer Trend in den USA schwappt zu uns herüber:
Quiet quitting – die leise Kündigung an Hektik und Stress im Arbeitsalltag
Auch hierzulande zeigt sich zunehmend ein neues Phänomen: das „quiet quitting“. Mitarbeitende erledigen innerhalb ihrer Arbeitszeit nur noch das Notwendigste, die „Extrameile“ ist nicht mehr drin. So bleibt der Laptop an den Wochenenden und in den Ferien zugeklappt, eine Rufbereitschaft und zusätzliche Aufgaben werden verweigert. Stattdessen wird nach dem pünktlichen Verlassen der Arbeitsstätte die so gewonnene Zeit lieber mit der Familie verbracht oder für Hobbys eingesetzt. Quiet quitter ziehen bewusst eine Grenze zwischen Privatleben und Job, minimieren so ihren Stress und nutzen ihre Freizeit und Entspannung für mehr mentale Gesundheit. Manche kündigen auch früher oder später, gehen in die Selbstständigkeit oder wechseln gleich ganz die Branche.
Die Bewertung von Karriere und privaten Prioritäten hat sich in 2,5 Jahren Pandemie schlichtweg geändert.

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Hauptursachen für den Fachkräftemangel
1. Demografischer Wandel
Eine aktuelle Übersicht von Statista, die Daten von Markt- und Meinungsforschungsinstitutionen sowie aus der Wirtschaft zugänglich macht, zeigt, dass sich die Bevölkerung in Deutschland in der Altersgruppe der 20- bis unter 60-Jährigen voraussichtlich im Zeitraum von 2020 bis 2030 von 43,9 auf 39,6 Millionen verringern wird. Für 2060 weist die Grafik sogar nur noch einen Wert von 33,3 Millionen Menschen in diesem Alterssegment aus. Bei den 60-Jährigen und darüber hinaus verzeichnet die Grafik für das Kalenderjahr 2020 24,1 Millionen Ältere, deren Anteil sich bis 2030 und 2060 mit minimalen Schwankungen noch auf 27,8 Millionen steigen soll. Quelle: : Statista
2. Schlechte Arbeitsbedingungen und Überforderung
Auch wer leistungsbereit ist, kann scheitern und sich überlastet fühlen. Zu hoher Druck durch Überstunden und Schichtdienste bewirkt auf Dauer häufig einen Wechsel in andere Branchen oder hohe Krankheitsraten bis hin zum Burnout. Die Gehälter, teilweise auf sehr niedrigem Lohnniveau, sind wenig ansprechend.
3. Fehlende Anreize und berufliche Perspektiven
Mangelt es an Angeboten zur Aus- und Weiterbildung, erwerben Mitarbeitende keine weiteren Kompetenzen und die Motivation sinkt. Finanzielle Extras und die Anerkennung für erbrachte Leistungen und Prüfungen können hingegen positiv anspornen.
4. Persönliche Einstellungen
Ältere Berufstätige wollen häufig früher in den Ruhestand gehen. Viele junge Studierte wünschen sich einen Berufseinstieg mit nur 75 Prozent der üblichen Wochenarbeitszeit, damit sie mehr Freizeit für sportliche Aktivitäten und Hobbys haben. Und auch Langzeitbeschäftigte wollen mehr ausgewogene Work-Life-Balance und Familienzeit.
Höchste Zeit:
Mögliche Wege aus dem Fachkräftedilemma
Wer aktuell und zukünftig seinen Personalbedarf sicherstellen möchte, sollte jetzt schon nach den Fachkräften von morgen Ausschau halten. Hierfür eignen sich am besten der Besuch von Job- und Fachmessen, die Vergabe von Praktika, Volontariaten, Stipendien oder Master- oder Doktorarbeiten, mit denen man den Nachwuchs gezielt an ein Unternehmen binden kann. Der Königsweg: Man bietet jungen Leuten, die studieren möchten, und Young Professionals in Kooperation mit renommierten Hochschulen duale Studiengänge an. Die praxisorientierte Ausbildung erlaubt eine hohe Anwesenheit im Betrieb mit nur wenigen Präsenztagen pro Semester in der Universität. Studierende arbeiten in der Regel etwa 32 Stunden/Woche im Unternehmen und erhalten eine branchenübliche Ausbildungsvergütung. Branchekundige bereiten Studierende gezielt auf unterschiedliche Tätigkeits- und Berufsfelder vor. Wertschätzend ausbilden und Perspektiven schaffen: Das bedeutet auch für die Zeit danach ansprechende berufliche Aussichten und Flexibilität zu bieten, um junge Fachkräfte nach der Ausbildung in der Branche zu halten.
Laut dem repräsentativen Personalarbeitsindex 2021 des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) setzen nur drei von zehn Betrieben auf eine strategische Personalarbeit. Hierzu gehören nicht nur eine hohe Präsenz in den Sozialen Medien, das Erstellen eigener Jobseiten mit ansprechenden Videos und ein bedienungsfreundliches Online-Bewerbungsformular. Wichtig ist es auch, im Blick zu behalten, wann ältere Mitarbeitende in Rente gehen werden, um damit Stellen durchgängig qualifiziert besetzt zu halten. Die Bindung von Beschäftigten und Qualifizierungsmaßnahmen sind weitere wichtige Aspekte und sorgen für die Attraktivität eines Unternehmens.
Schlummernde Ressourcen heben

Karriere oder Kinder? Viele Frauen versuchen beides gleichzeitig unter einen Hut zu bringen. Mehr bedarfsgerechte und flexible Kinderbetreuungsangebote sowie familienfreundliche Arbeitsbedingungen wären hier hilfreich. © Sarah Chai – Pexels.com
Fast 60 Prozent der Beschäftigten in Hotellerie und Gastronomie sind per se schon Frauen. Auch in der Eventbranche oder der Touristik ist der Frauenanteil sehr hoch. Wichtig ist es, sie mit geeigneten Maßnahmen zu unterstützen und z.B. mehr verlässliche und flexible Kinderbetreuungsangebote für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereitzustellen. Auch bessere Karrierechancen müssen für Frauen gegeben sein. Beides kann den Beschäftigungsgrad von Arbeitnehmerinnen steigern. Personal mit Teilqualifikationen kann berufsbegleitend fachlich weiter ausgebildet werden. Auch das große Potential der Älteren, die im Bewerbungsprozess meist gleich durch das Raster fallen, kann besser genutzt werden: Denn in der Regel ist älteres Fachpersonal gut ausgebildet und hochmotiviert ein Gewinn für jedes Unternehmen. Ausgebildete Geflüchtete besser in den Arbeitsmarkt integrieren: Teilweise ist deren Fachausbildung zwar nicht oder noch nicht in Deutschland anerkannt, aber mit entsprechenden Schulungsmaßnahmen und gutem Willen könnten sie schnell auf den aktuellen Stand gebracht werden. Menschen mit Behinderung sind am richtigen Arbeitsplatz 100-prozentige Leistungsträger und voll einsatzfähig. Vielfach gibt es finanzielle Fördermaßnahmen, die Betrieben und behinderten Menschen den Start erleichtern. Auch Beschäftige aus anderen Branchen können eine gute Option sein, den Personalbedarf zu decken. Sie bringen umfangreiche Erfahrungen aus anderen Berufszweigen und neue Perspektiven mit, was durchaus wertschöpfend sein kann.
Offen sein für neue Arbeitsmodelle
Die meisten Beschäftigten wollen heute nicht mehr so arbeiten wie noch vor der Pandemie. Entstanden und teilweise schon etabliert sind flexiblere Arbeitswelten mit einer innovativen Büro- und Arbeitsplatzgestaltung. Alternative Arbeitskonzepte entsprechen heutzutage eher den modernen Anforderungen der Beschäftigten an ihren Arbeitsalltag. Und: Sie geben mehr Freiraum, sich gezielter einzubringen, mehr Verantwortung zu tragen und selbstständig Entscheidungen zu treffen bei hoher Flexibilität für das Privatleben! Das zahlt auf ein positives Image als Unternehmen ein.
Erfolgskonzept: Fachmessen bringen Personal und Unternehmen zusammen
Auch die BOE INTERNATIONAL, internationale Fachmesse für Erlebnismarketing, eignet sich hervorragend als zusätzliche Plattform für Personalentwicklung und Weiterbildung: Sie bietet ein Kaleidoskop aller Gewerke der Eventindustrie und bringt ausstellende Firmen und Nachwuchskräfte miteinander in Kontakt. Hierfür sorgt u.a. das breite Fach-Forenprogramm, das an Live-Kommunikation Interessierte und Unternehmen gleichermaßen nutzen, um sich zu präsentieren und zu netzwerken. Auch das diesjährige Gewinnspiel „WEITERBILDUNG MACHT KARRIERE!“ unterstützt Unternehmen und Einzelpersonen gezielt bei der Professionalisierung für den nächsten Karriere-Step.

Panel zum Thema Fachkräftemangel auf der BOE connect LIVE 2022. © Messe Dortmund / Wolfgang Helm
Wie gewonnen, so zerronnen?
Gutes Onboarding: Dann klappts auch mit dem Bleiben!
Einarbeitung und Anbindung an ein neues Unternehmen enden im Schnitt bereits nach wenigen Monaten. Um sich auf einen neuen Job einzulassen und mit allem vertraut zu machen, brauchen Beschäftigte jedoch mehr Zeit. Noch komplizierter wird es beim Einstieg in einen neuen Job, wenn die Arbeit größtenteils online von unterwegs oder von zuhause erfolgen wird. Damit neue Mitarbeitende 100 Prozent Leistung abrufen können, benötigen sie in der Regel bis zu zwölf Monate. Ist das Onboarding zu kurz bemessen, sind Unsicherheit, Unzufriedenheit, schwindendes Vertrauen sowie fehlende Motivation oftmals schon vorprogrammiert. Die Folge: Neue Mitarbeitende fühlen sich schnell alleine gelassen, kündigen innerlich und verlassen das Unternehmen flugs wieder. Das betrifft übrigens qualifiziertes und ungelerntes Personal gleichermaßen.
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