Renaissance nach Corona:
Der Wandel – treuer Begleiter in eine positive Messe-Zukunft

Neue Messeformate boomen nach Corona: Die erfolgreiche Premiere der neuen 112RESCUE fand erstmalig vom 14. bis 17. Juni 2023 in der Messe Dortmund statt. © Wolfgang Helm
Es ist mal wieder Markttreiben in der Stadt. Französischer Markt, Bauernmarkt, Antikmarkt, Automarkt… Die Stadt ist voll. Jubel, Trubel, Heiterkeit. Dabei könnte man doch so einfach in den Laden gehen. Oder sich im Internet orientieren. Und natürlich dort auch einkaufen. Aber nein: Erlebnisqualität, zwischenmenschlicher Austausch und konzentrierter Überblick entstehen in der Angebotsbündelung und in physischen Begegnungen. Beim Bummeln und Entdecken in einem komplexen Erlebnisraum. Dass gemeinsame Entdeckungen nun einmal schöner sind als einsame, ist ohnehin hinlänglich bekannt. Wie bei Märkten so bei Messen.
Warenmärkte gab es bereits in der Antike. Wochenmärkte und Marktplätze sind seit langer Zeit bedeutende Dreh- und Anlaufpunkte für das gesellschaftliche und ökonomische Leben der Menschen. Darauf setzt die Messe als Weiterentwicklung dieser uralten Begegnungsform. Allerdings: Im Zuge gesamtwirtschaftlicher und politischer Verunsicherungen sowie zunehmender Konkurrenz auf dem Globus stoßen deutsche Messen auf stark veränderte Rahmenbedingungen, die das Phänomen Messe nicht wirklich bedrohen können, aber Veränderungsdruck auslösen. Der Marketing-Besteckkasten ist nun einmal deutlich größer geworden und traditionelle Akquisemethoden wie Messen, Außendienst und Kaltakquise stehen unter Kosten- und Erfolgsdruck. Hinzu kommt der allgemeine Personalmangel, der Aussteller und Besucher immer mehr ans Unternehmen bindet und die besonders für Besucher stark gestiegenen Mobilitätskosten. Und, natürlich, schwebt über allem das vermeintliche Damoklesschwert der Digitalisierung. Sind also klassische Methoden wie Messen als Vertriebsinstrument deshalb auf dem absteigenden Ast? Die vorweg genommene Antwort: Nein! Denn ein Achterbahn-Video ist nun einmal etwas völlig anderes als eine echte Achterbahn-Fahrt! Kein Wunder also, dass Messen, die in Corona-Zeiten ihr Heil in digitalen Ersatzformaten gesucht haben, längst wieder zu Live-Veranstaltungen zurückgekehrt sind.
Die bejubelte Renaissance der Messe nach Corona
Das bedeutet jedoch nicht, dass digitale Szenarien im Messegeschehen nun ausgedient haben. „In der Messe Dortmund wurden zahlreiche physische Messeformate bereits vor der Pandemie durch nutzerorientierte Online-Features ergänzt. Mit verschiedenen digitalen Erweiterungen und Community-Memberships bieten wir immer mehr Branchen eine ganzjährige Austauschplattform. Die persönliche Begegnung ist unersetzbar, aber kann durch digitale Elemente sinnvoll bereichert werden.“, so Sabine Loos, Messechefin und Hauptgeschäftsführerin der Westfalenhallen Unternehmensgruppe GmbH.
Auch Hendrik Hochheim, Leiter des Instituts der deutschen Messewirtschaft & Abteilungsleiter Messen Deutschland beim AUMA, hat zur fast schon kakophonischen Diskussion um digitale oder analoge Messen eine klare Haltung: „Die Veränderungen der Messen haben schon vor Corona begonnen und wurden dadurch beschleunigt. Sie bieten aber die Möglichkeit, Messen weiterzuentwickeln und neu zu denken, wofür Messen wirklich stehen. Die Customer Journey wird digitaler, wobei Messen das analoge Kraftzentrum bilden.“
Der letzte Satz ist der entscheidende: Es geht hier nicht um entweder / oder, sondern um ein intelligentes Ineinandergreifen der unterschiedlichen Instrumentarien in der von ihm richtigerweise so beschriebenen „Customer Journey“. Dazu wird wohl mehr und mehr auch eine ganzjährige und somit zeit- und ortsunabhängige Vernetzung der Messe-Community gehören.
Virtuelle Messen haben ihre Berechtigung. Ihnen fehlt jedoch die Strahlkraft von analogen Messen mit persönlichen Zusammenkünften. Laut einer Studie
von Amex GBT gaben beispielsweise 580 MICE-Manager aus 23 Ländern an, dass sie von steigenden Ausgaben und mehr Events mit physischer Präsenz ausgehen.
Daten und Fakten
Messepotential:
Nach Angaben des internationalen Messeverbandes UFI gibt es weltweit rund 1.360 Messeplätze und 31.000 Messen pro Jahr. Im internationalen Vergleich hat dabei die deutsche Messebranche einen hohen Stellenwert. Vier der zehn größten Messegesellschaften der Welt haben ihren Sitz in Deutschland. Im internationalen Umsatz-Ranking sind fünf der Top-10-Messeveranstalter aus Deutschland – gemessen am Umsatz vor der Corona-Pandemie.
Messekalender 2024:
In Deutschland weist ein erster Blick auf die in Deutschland anstehenden Messen bereits heute ein vielversprechendes, starkes Messejahr aus mit mindestens 350 Messen und verschiedenen Neuformaten. Internationale Leitmessen markieren zudem weitere Anziehungspunkte für nationale wie internationale Aussteller.
Messe Dortmund:
Der Messestandort Dortmund gehört mit seiner hervorragenden Infrastruktur zu den Top-4-Destinationen im bevölkerungsreichsten Bundesland und damit zu den bedeutendsten Messeplätzen in NRW. Zudem verfügt das Ruhrgebiet, das zu den größten Ballungszentren Europas zählt, über große wirtschaftliche Stärke und ein enormes Innovationspotential. Als dynamischer Wirtschaftsstandort mit vielen Start-ups steht Dortmund für Zukunftsbranchen wie Informationstechnologien (IT), Mikro-/Nanotechnologie, Logistik, Biomedizin und Robotik und andere.
Auch Robert Kirs, Gründer und Geschäftsführer der Social Media Schwaben GmbH und erfahrener Unternehmensberater für Industrieunternehmen glaubt, dass Messen nach wie vor funktionieren, schränkt aber ein: „Nur nicht als alleiniges Mittel. Wer sich nur auf Messen stützt, wird keine Ergebnisse sehen. Vielmehr kommt es bei der Neukundengewinnung auf eine Kombination verschiedener Maßnahmen an.“
Ähnlich argumentiert Sylvia Kanitz, Manager Marketing des AUMA (Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft): „Eine Messe ohne digitale Erweiterung bleibt aus unserer Sicht unter ihren Möglichkeiten. Deshalb haben wir unsere Konzepte auch im digitalen Bereich weiterentwickelt. Mit unseren optimalen Messeplanungstools bieten wir zudem Apps zu unseren Veranstaltungen an, um den Messebesuch noch effizienter zu gestalten.“
Im Grunde ist es ein alter Hut: Eine Messe ist umso erfolgreicher, je besser sie vorbereitet und nachbereitet wird. Dass Vor- und Nachbereitung heute vorzugsweise über digitale Kanäle erfolgen, erleichtert die Arbeit und erhöht die Reichweite, ersetzt aber keinesfalls das Epizentrum des Geschehens, die Magie des persönlichen Aufeinandertreffens.
Was sagen die Industriekunden?

Rund 400 Aussteller aus zwölf Ländern zeigten auf der diesjährigen elektrotechnik in Dortmund ihre Innovationen und Lösungen für Handwerk und Industrie. © Wolfgang Helm
Es gibt also weiterhin gute Gründe, warum kleine, mittelständische oder große Unternehmen pro Jahr durchschnittlich 40 Prozent ihres Marketingbudgets in Messen investieren. Laut AUMA-Umfrage planen deutsche Aussteller sogar eine Erhöhung des Messebudgets auf 45 Prozent. Damit signalisieren sie, wie hoch die Priorität von Messeteilnahmen weiterhin ist. Auch aus dem Ausland kommen nach Corona wieder verstärkt positive Signale für Messen made in Germany.
Messen bleiben für B2B-Unternehmen ein zentrales Element im Marketing-Mix.
Der wichtigste Betrachtungswinkel für die Bewertung der Bedeutung von Messen ist und bleibt die Sicht der Industriekunden. Zu positiven Erkenntnissen gelangt der Bundesverband Industrie Kommunikation (bvik) in seiner aktuellen Trendbefragung 2023/2024. Die klare Botschaft lautet: Die Marketing-Budgets im B2B-Bereich bleiben stabil, obwohl die Marketing-Organisationen in den Unternehmen mit Kostensteigerungen zu kämpfen haben. Messen bilden weiterhin den Schwerpunkt in der Kommunikation der Industrie-Unternehmen.
Hybride Messeformate spielen keine Rolle mehr, der KPI schon!
Im komplexen Umfeld der Messen zeichnen sich laut einer aktuellen bvik-Befragung folgende Trends ab:
- Marketing-Budget-Planungen werden unsicherer: In volatilen Zeiten werden Budgets noch enger als bislang an den aktuellen wirtschaftlichen Unternehmenserfolg gekoppelt. Geplant wird meist noch auf Jahresbasis, zum Teil mit unterjährigen Anpassungen. Budgets bleiben jedoch weitgehend stabil.
- Das Messe-Engagement geht in Richtung Vor-Corona-Niveau: Messen und Live-Events bilden den Schwerpunkt im Budget, digitale Angebote haben sich als Zusatzangebot etabliert. Hybride Messe-Formate spielen keine Rolle mehr.
- Die Messe-Beteiligungen 2023 werden dabei durchgängig als positiv und überraschend erfolgreich bewertet. Dies gilt sowohl für die Besucherzahl als auch für die Qualität der Gespräche und – je nach Messe – für die generierten Leads und Verkaufsoptionen. Einige der befragten Experten setzen auf eine verstärkte Kampagnen-Verlängerung vor und nach der Messe, die nach ihrer Aussage immer wichtiger wird.
- Performance-Marketing und Individualisierung werden deutlich stärker: Datengetriebenes Marketing mit transparenter durchgängiger Erfolgsmessung und sich anschließender Prozessoptimierung steht bei vielen B2B-Marketern im Fokus. Die datenbasierte individualisierte Ansprache durch gezielt entwickelten Content löst das Gießkannenprinzip mehr und mehr ab.
Weiche und harte Ziele:
Von der Begegnungsplattform bis zum KPI
„Messen und Veranstaltungen sehen wir primär als Kommunikations- und Begegnungs-plattform. In kurzer Zeit können Vertriebsmitarbeitende ohne Zusatzreiseaufwand viele Gespräche führen. Für uns gilt: Der persönliche Kontakt mit Kunden und Interessenten ist das Vertriebs- bzw. Marketing-Instrument Nummer eins.“, diese Einschätzung trifft Rainer Schopp Director Marketing, Harro Höfliger Verpackungsmaschinen GmbH.
„Es ist eines unserer strategischen Marketingziele, einen messbaren Beitrag für Umsatz- und Wachstum zu leisten. Dafür setzen wir mit dem Vertrieb ein skalierbares Leadmanagement auf und versuchen, den Funnel an jedem Punkt zu durchleuchten und zu verstehen. Für jede Kampagne oder auch jede Messe gibt es klar definierte Ziele in Form von KPIs“, so formuliert es Arne Haag, Leiter Marketingkommunikation, Bürkert GmbH & Co. KG.
Warum Messen für das Marketing so wichtig sind
Als vertrauensbildende Maßnahmen durch einen Kontakt in entspannter Atmosphäre fördern sie die Kundenbindung. Sie stärken den Vertrieb durch Zuwachs an Informationen und neue Kontakte. Aus dem Tunnel der gezielten Suche im Internet führen sie ins Licht einer erweiterten Perspektive. Dabei zahlt der direkte Dialog mit dem Kunden auf neue Produkte und echte Innovationen ein, verbessert den Service und hilft, individuelle Bedürfnisse der Zielgruppe noch besser zu verstehen. Überdies: Vom erfolgreichen Teambuilding beim Standpersonal wird viel zu wenig geredet!

Anbieter finden auf der BOE 2024 die ideale Plattform, ihre Highlights fachkundigen Entscheidern zu zeigen, neue Geschäftskontakte zu knüpfen, sich werthaltige Kooperationen zu erschließen und den Austausch mit Branchenkollegen zu pflegen. © Wolfgang Helm
Hinzu kommt die gerade für Konzerne so wichtige Kundennähe und Sympathiewerbung. Die kleineren und mittelständischen Unternehmen finden in zunehmend dynamischen Messekonzepten nach wie vor ein unverzichtbares Instrument für Marketing, Vertrieb und vor allem: Wettbewerbsanalysen!
Fazit:
Die Messelandschaft bietet eine faszinierende Vielfalt für jede Unternehmensgröße und jedes Produkt und ständig kommen neue Messen hinzu. Wie Aussteller und Besucher auch in Zukunft von dieser Dynamik profitieren können, hängt entscheidend von der Qualität des eigenen Auftritts ab, aber auch und vor allem von der eigenen Vor- und Nachbereitung. Und genau dabei hilft dann wieder – die Digitalisierung!
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